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Emmanuel: Das Feuer der Hoffnung entfachen
Von: Eva-Maria Werner | 22. Januar 2012
Raphael Edert. Foto: privat
Raphael Edert (33) ist als Theologischer Ausbildungsleiter Mitglied im Leitungsteam der „Emmanuel School of Mission (ESM) Altötting“ der Gemeinschaft Emmanuel. Im Interview mit „Paulinus“-Redakteurin Eva-Maria Werner erzählt der vierfache Familienvater, was ihn an der charismatischen Gemeinschaft begeistert. Teil drei der „Paulinus“-Serie zu den geistlichen Gemeinschaften.
Herr Edert, was ist charakteristisch für die Gemeinschaft Emmanuel?
Wir wollen Zeugen Gottes in der Welt sein und Gott zu den Menschen bringen. Wir berichten von der Erfahrung der Gegenwart Gottes in unserem Alltag – der Name unserer Gemeinschaft „Emmanuel“ heißt übersetzt „Gott ist mit uns“ – und bekommen dadurch einen Zugang zu den Menschen. Die eucharistische Anbetung spielt eine große Rolle. Es geht darum, Gott wahrzunehmen in unserer Mitte. Aus der Anbetung heraus wollen wir offen werden für die Nöte der Welt, der Menschen. Das können materielle Nöte sein, aber auch die Not der Einsamkeit und der Gottferne. Schließlich geht es uns um die Evangelisation, darum, den Glauben weiterzugeben, Menschen dafür zu begeistern und in ihnen das Feuer der Hoffnung zu entfachen.
Wie lebt sich das konkret im Alltag?
Wichtig ist die tägliche Zeit des persönlichen Gebets. Außerdem wollen wir nach Möglichkeit täglich die Messe besuchen. Einmal pro Woche trifft man sich mit seiner Hausgemeinschaft, zu der zwischen sechs und zehn Mitglieder gehören. Am Anfang eines solchen Treffens steht der Lobpreis, anschließend tauschen wir uns über das Wort Gottes aus, ermutigen uns gegenseitig und berichten, wie der Geist Gottes unter uns wirkt. Zusätzlich gibt es monatliche Regionaltreffen und einmal jährlich das große Forum in Altötting. Grundlegend für das Leben in der Gemeinschaft Emmanuel ist der Wunsch und das Bewusstsein, mit Gott zu leben und die Freude darüber zum Ausdruck zu bringen. Gott prägt unser Leben, und zugleich wollen wir ganz bewusst bei den Menschen sein, mit ihnen leben.
Wie steht die Gemeinschaft Emmanuel zur katholischen Kirche?
Seit 1998 ist die Gemeinschaft Emmanuel als Vereinigung von Gläubigen von der katholischen Kirche weltweit anerkannt. Wir sind in der Kirche verwurzelt. Viele der Gnaden, die wir leben, kommen aus dem Schatz der Kirche, wie die eucharistische Anbetung oder die Beichte. Wir wollen ganz bewusst an der kirchlichen Realität dran sein und das, was wir empfangen haben, in den Dienst der Kirche stellen. Unsere Priester sind zum Beispiel ganz normale Diözesanpriester, viele unserer Mitglieder engagieren sich in Pfarreien als Pfarrgemeinderatsmitglieder oder in der Katechese. Und mit unseren Pfarrmissionen stärken wir das Gemeindeleben vor Ort.
Was passiert während einer Pfarrmission?
Wir kommen mit einer kleinen Gruppe von Emmanuel für vier bis zehn Tage in eine Pfarrei, gestalten Anbetungsstunden und Gottesdienste mit, laden Menschen zu einem Hauskreis ein und sprechen einfach mal einen ganzen Abend lang über Gott. Wir versuchen, Menschen einen neuen Zugang, zum Beispiel zur Beichte zu eröffnen und dürfen miterleben, wie viele die Erfahrung machen und neu entdecken, was das für ein wahnsinniges Geschenk ist. Die Pfarrmissionen sind ein Anstoß für die Pfarrei, ihr Glaubensleben zu intensivieren. Wir gehen auch jeweils zu zweit los und klingeln an den Türen, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Die Erfahrung, die wir mit Gott in unserem Leben machen dürfen, treibt uns an, das Erlebte an andere weiterzugeben und mit ihnen zu teilen.
Stichwort Evangelisation: Die Gemeindemissionen sind nur ein Baustein. Wo engagieren Sie sich noch?
Wir haben weltweit vier Evangelisationsschulen: in Altötting, Rom, Paray le Monial und Manila. Junge Leute erhalten in diesen „Emmanuel Schools of Mission (ESM)“ neun Monate lang eine fundierte theologische und spirituelle Ausbildung, leben in Gemeinschaft zusammen und lernen, als Zeugen des Evangeliums Verantwortung in Kirche und Gesellschaft zu übernehmen. Ich selbst habe die Schule in Paray le Monial besucht. Im Leitungsteam der ESM Altötting bin ich jetzt vor allem zuständig für die Koordinierung des Unterrichts. Musik und Liturgie spielen eine große Rolle bei der Verkündigung. So entsteht in Altötting jedes Jahr ein Musical, das an verschiedenen Orten aufgeführt wird, auch bei der Heilig-Rock-Wallfahrt in Trier.
Für spezielle Zielgruppen, etwa Jugendliche oder Familien, bietet die Gemeinschaft Emmanuel entsprechende Exerzitien, Glaubenskurse und Fortbildungen an. Von besonderer Bedeutung ist das Forum in Altötting, ein internationales Sommertreffen mit abwechslungsreichem Programm. Für Mission und Entwicklungshilfe hat die Gemeinschaft Emmanuel die Organisation Fidesco gegründet, die freiwillige Helfer zu Projekten in die ganze Welt sendet.
Für spezielle Zielgruppen, etwa Jugendliche oder Familien, bietet die Gemeinschaft Emmanuel entsprechende Exerzitien, Glaubenskurse und Fortbildungen an. Von besonderer Bedeutung ist das Forum in Altötting, ein internationales Sommertreffen mit abwechslungsreichem Programm. Für Mission und Entwicklungshilfe hat die Gemeinschaft Emmanuel die Organisation Fidesco gegründet, die freiwillige Helfer zu Projekten in die ganze Welt sendet.
Auf welchem Weg haben Sie persönlich zur Gemeinschaft Emmanuel gefunden?
Ich stamme ursprünglich aus einem evangelischen Pfarrhaus. Mein Vater ist evangelischer Pfarrer. Ich habe auch einen starken freikirchlichen Hintergrund. Doch im dritten Jahr meines Studiums der evangelischen Theologie bin ich katholisch geworden, das war im Mai 2001. Hintergrund war die immer wieder auftretende Frage, warum ich eigentlich das glaube, was ich glaube. Das evangelische Modell, wonach im Grunde jeder mit der Bibel in der Hand selbst eine Antwort darauf finden soll, fand ich schwierig. Überzeugender ist für mich das, was die katholische Kirche lehrt: der konkrete Auftrag Jesu an die Apostel, der durch die apostolische Sukzession weitergegeben wird, bis heute. Der katholische Glaube ist für mich überzeugend, wobei ich hier auch viel von dem finde, was ich schon vorher geglaubt habe.
Auf einem Forum in Altötting habe ich die Gemeinschaft Emmanuel kennengelernt. Ich finde das Leben der Gemeinschaft sehr ausgeglichen: weder abgedreht noch zu trocken. Hier erfahre ich, dass Gott etwas mit meinem persönlichen Leben zu tun hat, gleichzeitig ist eine intellektuelle Auseinandersetzung mit dem Glauben möglich. Mich fasziniert auch die tiefe, sehr würdig gefeierte Liturgie und das missionarische Engagement. Aktion und Kontemplation sind in der Gemeinschaft in einem guten Gleichgewicht.
Auf einem Forum in Altötting habe ich die Gemeinschaft Emmanuel kennengelernt. Ich finde das Leben der Gemeinschaft sehr ausgeglichen: weder abgedreht noch zu trocken. Hier erfahre ich, dass Gott etwas mit meinem persönlichen Leben zu tun hat, gleichzeitig ist eine intellektuelle Auseinandersetzung mit dem Glauben möglich. Mich fasziniert auch die tiefe, sehr würdig gefeierte Liturgie und das missionarische Engagement. Aktion und Kontemplation sind in der Gemeinschaft in einem guten Gleichgewicht.
Wer kann Mitglied in der Gemeinschaft Emmanuel werden?
Wir sind offen für alle Lebensstände und Altersgruppen. Das Besondere ist, dass bei uns Priester, geweihte Schwestern und Brüder, Singles und Familien auf gleicher Ebene zusammenkommen und eine einzige Gemeinschaft bilden. Wir versuchen, das konkret zu leben, zum Beispiel in den Hauskreisen, die gut durchgewürfelt sind. Wir bezeichnen uns als Geschwister, nicht als Freunde. Wir haben uns nicht ausgesucht, sondern sind uns gegeben und nehmen uns an, wie wir sind. Unsere Mitglieder leben in der Regel nicht in religiösen Gemeinschaften und gehen ganz normalen Berufen nach.
Gibt es Voraussetzungen, die man als zukünftiges Mitglied erfüllen muss?
Wichtig ist, offen zu sein für die Evangelisation. Die Bereitschaft, gewisse Dienste in der Gemeinschaft zu übernehmen und am Gemeinschaftsleben teilzunehmen, sollte auch vorhanden sein. Man hat aber viel Freiheit bei der Unterscheidung, wie viel Zeit man beispielsweise für die Evangelisation aufbringen kann oder möchte und mit welchem Betrag man die Gemeinschaft finanziell unterstützen will.
Es gibt da eine ganz besondere Regel bei ihnen …
… ja, Kritik üben ist verboten, selbst im Scherz! Weil sie so viel kaputt macht. Wir kritisieren einander nicht, sondern pflegen einen Umgang, der von Vergebung und Barmherzigkeit geprägt ist.
Und das funktioniert?
Anfangs war ich auch skeptisch. Mittlerweile verstehe ich das besser. Bevor ich mich über diesen oder jenen aufrege – und womöglich noch bei Fremden über ihn herziehe – überlege ich mir, wann ich das letzte Mal für diese Person gebetet habe. Weil wir versuchen, Kritik zu vermeiden, herrscht bei uns eine besondere Atmosphäre im Umgang miteinander, das kann ich schon sagen. Denn: Die Erfahrung, angenommen zu sein, wie man ist, ist unheimlich stark und positiv.
Und wenn man doch einmal etwas besprechen muss, kann man sich an den entsprechenden Verantwortlichen oder seinen persönlichen Begleiter wenden, mit ihm reden und nach einer Lösung suchen. Jedem aus der Gemeinschaft ist ein anderes Mitglied als solch ein persönlicher Begleiter zur Seite gestellt.
Und wenn man doch einmal etwas besprechen muss, kann man sich an den entsprechenden Verantwortlichen oder seinen persönlichen Begleiter wenden, mit ihm reden und nach einer Lösung suchen. Jedem aus der Gemeinschaft ist ein anderes Mitglied als solch ein persönlicher Begleiter zur Seite gestellt.
Was ist das Ziel der Mitglieder von Emmanuel?
Heilig zu werden und sich gegen die Liebe Gottes nicht mehr zu sperren. Die Gemeinschaft Emmanuel ist wie ein Werkzeug, das uns dabei hilft, die Beziehung zu Gott zu stärken. Wir alle sind als Getaufte dazu berufen, heilig zu werden, wir alle sollen uns Gott öffnen, dass er unser Leben bestimmen und mit seiner Liebe erfüllen kann. Dann bekommt alles eine neue Qualität: das Arbeitsleben, das Eheleben, das Elternsein. Dann strahlen wir eine Freude aus, von der unser ganzes Leben durchdrungen ist.
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Weitere Informationen
Während der Heilig-Rock-Wallfahrt in Trier ist die Gemeinschaft Emmanuel vom 18. bis 22. April in der Stationskirche St. Gangolf anzutreffen. Sie gestaltet dort Eucharistiefeiern, eucharistische Anbetungen, besucht Schulen und missioniert auf dem Uni-Campus. Sie ist auch für die Gestaltung des Abendlobes am 18. April um 21 Uhr im Dom sowie für das Morgenlob vom 19. bis 21. April um 8 Uhr im Dom zuständig und gestaltet die DomNacht am 21. April um 21 Uhr. Am 19. und 21. April wird das diesjährige Emmanuel-Musical „Don Bosco“ aufgeführt. Weitere Infos im Programmheft zur Wallfahrt, im Internet unter www.heilig-rock-wallfahrt.de (Stichwort „Programm“) sowie unter www.esm-altoetting.de/de/tournee. -
Gemeinschaft Emmanuel
Die Gemeinschaft Emmanuel entstand ab 1972 in Frankreich. Der Filmkritiker Pierre Goursat und die Ärztin Martine Catta stehen am Anfang der Bewegung. Das geistliche Zentrum ist Paray le Monial in Burgund.
Das erste Gemeinschaftswochenende im deutschsprachigen Raum fand 1984 in Trier statt. Weltweit zählt die Gemeinschaft über 9000 Mitglieder, in Deutschland sind
es aktuell etwa 400. Mehr als 200 000 Teilnehmer nutzen jedes Jahr die verschiedenen Missionen und pastoralen Angebote von Emmanuel.
Weitere Informationen im Internet unter:
www.emmanuel-info.de
www.esm-altoetting.de
www.emmanuel.at
www.emmanuel.info
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